Der wachsende Energiebedarf in den 1920er Jahren rief diverse Elektrogroßkonzerne auf den Plan, die riesigen Wasserreserven der hochalpinen Regionen Österreichs zur Stromerzeugung zu nutzen.
So erstellten die Berliner AEG-Werke damals bereits ein Projekt über drei Großkraftwerke in Kaprun und Sankt Johann. Dabei sollte besonders das Gefälle des Kapruner Tales von 1.200 Höhenmetern bei einer Tallänge von nur 10 Kilometern ausgenützt werden. Geplant war, jährlich mehr als drei Milliarden Kubikmeter Wasser von den Gletschern der Hohen Tauern der Verstromung zuzuführen. Man hätte diese enormen Wassermengen in Hangkanälen gesammelt, welche wie Dachrinnen in rund 2.000 Meter Höhe die Flanken der Täler an der Süd- und Nordseite des Alpenhauptkammes durchziehen sollten. Dabei wären neben den Gletscherabflüssen auch ganze Bach- und Flusssysteme ins Kapruner Tal bzw. nach Sankt Johann umgeleitet worden. Dieses Kanalsystem hätte inklusive der erforderlichen Stollen zur mehrmaligen Unterquerung des Alpenhauptkammes und einer Unzahl von Durchstichen durch die Hänge der Seitentäler eine geplante Länge von über 1.000 Kilometer erreicht!
Dieses Riesenprojekt löste heftige Kontroversen zwischen den Befürwortern, neben der Elektroindustrie besonders die damalige Salzburger Landesregierung und den Gegnern, allen voran die Fremdenverkehrsbetriebe, Landwirtschaft, Gemeindepolitiker, Alpenverein und eine Reihe österreichischer Ingenieure, aus. Die letzte Gruppe erkannte die Undurchführbarkeit dieses "Dachrinnensystems" im Hochgebirge und bezeichnete die Pläne der AEG-Techniker als "Schnapsidee von Flachländlern".
Die "Österreichischen Kraftwerke AG" (ÖKA) erstellte ein Gegenprojekt, welches zwar um ein Drittel kleiner war als das AEG-Vorhaben, aber den regionalen und technischen Gegebenheiten entsprach. Es sah zwei höhenmäßig gestaffelte Speicherseen im hinteren Kapruner Tal vor und eine Wasserzuleitung durch einen Stollen aus einem weiteren Speichersee am unteren Ende des Pasterzen-Gletschers aus Kärnten. Ein weiteres technisches Glanzstück bei der Planung stellte die Idee des "Pumpspeicherbetriebes" dar. Dabei wird das Wasser aus dem oberen Speichersee zum Turbinenhaus beim unteren Speicher geleitet und Spitzenstrom für das überregionale Netz erzeugt. In Zeiten mit weniger Strombedarf im Netz (Nacht, Wochenende usw.) wird mit dem überschüssigen Strom das Wasser vom unteren zum oberen Speichersee zurückgepumpt und kann somit bei Bedarf mehrmals in Stromenergie umgewandelt werden.
Für Testzwecke des AEG-Projektes wurde oberhalb des Mooserbodens ein "Probehangkanal" in die Felswände des Großen Wiesbachhorns getrieben. Trotz komplizierter Abdeckungen war der Kanal den Gegebenheiten des Hochgebirges mit Lawinen, Steinschlägen und sonstigen extremen Bedingungen nicht gewachsen und konnte nicht entsprechen. Die Weltwirtschaftskrise Anfang der Dreißiger Jahre tat ihr übriges, die Projekte landeten in den Schubladen.
Sofort nach der Annektion Österreichs durch das Deutsche Reich 1938 verkündeten die NS-Wirtschaftsplaner die Nutzung der Wasserkraft in den Hohen Tauern zur Stromgewinnung zwecks Schonung der Kohlevorräte. Das Reichsunternehmen VIAG (Vereinigte Industrieunternehmungen AG) Berlin bekam den Auftrag, den Bau von Wasserkraftwerken in der nunmehrigen "Ostmark" voranzutreiben. Dafür wurden im März 1938 die Alpenelektrowerke mit Sitz in Wien als Tochterunternehmen der VIAG gegründet.
Ohne konkrete Detailplanungen abzuwarten, nahm Hermann Göring am 16. Mai 1938, mit enormem Propagandaaufwand verbunden, den Spatenstich für die Tauernkraftwerke vor. Wegen der fehlenden Planungen wurde der Spatenstich jedoch drei Kilometer vom später errichteten Krafthaus Hauptstufe, westlich des Ortes Kaprun im Salzachtal, vorgenommen.
Den Alpenelektrowerken gelang es, den renommierten österreichischen Kraftwerksplaner Dr. Ing. H. Grengg, Verfechter des Pumpspeicherprojektes, als technischen Direktor zu verpflichten.
Noch vor Fertigstellung der neuen Gesamtplanung, begannen im Herbst 1938 die organisatorischen Vorarbeiten zur Schaffung der Infrastruktur für die kommende Großbaustelle, wie der Ausbau eines Alpenvereinsweges zur Transportstraße usw. Ab Frühjahr 1939 wurde das Basislager im Kapruner Winkl im Kapruner Achental errichtet. Von dort wurden die Baumaterialien und technischen Einrichtungen für das im Hochtal auf circa 1.700 Meter über dem Meeresspiegel liegende Mannschaftslager Wasserfallboden für eine Belagsstärke von 1.600 Mann auf der Baustraße mit 25 Prozent Steigung bergwärts befördert. Zwischen dem Tallager Kapruner Winkl und dem Lager Wasserfallboden wurden noch die Baracken des Lagers Zeferet in extremster Steillage in den Hang gebaut. Die Baracken erhielten wegen der Abgeschiedenheit und in Hinblick auf die schwierigen Wettersituationen neben den Schlafbereichen zusätzliche Eß- und Trockenräume. Weiters gab es je Lager eigene Küchen, Aufenthaltsbaracken zur Verbringung der Freizeit und Badehäuser.
Während des Jahres 1939 wurden auch die Detailpläne für das Kraftwerksvorhaben fertiggestellt und die erforderlichen Baubewilligungen erteilt. In der ersten Baustufe sollte die Sperre Limberg als Pfeilerkopfmauer entstehen, um das Wasser für den Speichersee Wasserfallboden in circa 1.700 Metern Höhe zu stauen. Von dort sollte das Wasser mit leichtem Gefälle durch einen über sieben Kilometer langen Druckstollen geleitet werden, um dann Obertage in vier Druckrohrleitungen von je 1.200 Meter Länge am Hang des Maiskogels zu den Turbinen des Krafthauses Kaprun Hauptstufe zu stürzen und dort die Generatoren zur Stromerzeugung antreiben.
Sofort nach der behördlichen Genehmigung wurde mit den Bauarbeiten am vorhin erwähnten Druckstollen und am Krafthaus Hauptstufe begonnen. Hinzu kam auch der Bau von Materialseilbahnen zu den Baustellen und Lagerbereichen. Anfangs wurden zivile Bauarbeiter eingesetzt und die Unterkunftsbedingungen, Verpflegung und das soziale und hygienische Umfeld auf der hochalpinen Großbaustelle war den Umständen entsprechend gut.
Mit dem Überfall auf Polen, den weiteren Blitzkriegen und Besetzungen im Westen und besonders nach Beginn des Russlandfeldzuges änderten sich diese Gegebenheiten. Im Oktober 1939 kamen die ersten polnischen Kriegsgefangenen nach Kaprun, danach Niederländer, Belgier, Franzosen, ab 1941 Jugoslawen und dann die Angehörigen der Sowjetarmee. Um die völkerrechtlichen Bestimmungen des Arbeitsverbotes von Kriegsgefangenen für kriegswichtige Vorhaben zu umgehen, wurden die Gefangenen entlassen. Gleichzeitig wurden sie aber nach geltenden deutschen Gesetzen zur Zwangsarbeit mit Lohnabgeltung dienstverpflichtet. Die so zur Arbeit Verpflichteten wurden in den Lagern nicht mehr bewacht, waren versichert und konnten einen Teil des Verdienstes nach Hause überweisen. Nur war die Lohnabgeltung ihrer Arbeitsleistung abhängig von der Nationalität und betrug zwischen 40 Prozent bis maximal 90 Prozent der deutschen Arbeitskräfte und es wurden keine Zulagen ausbezahlt. Etwas besser hatten es die "Fremdarbeiter" aus befreundeten Staaten wie Italien, Bulgarien, Slowakei und Kroatien. Nur die Russen behielten weiter den Status von Kriegsgefangenen und waren in bewachten Lagerbereichen untergebracht, da die Sowjetunion nicht die Genfer Konvention unterzeichnet hatte.
Unter schwierigsten Bedingungen trieben die Arbeiter die Stollen durch die Berghänge, hoben die Baugrube für die Limbergsperre aus und verarbeiteten riesige Betonmengen bei der Herstellung des Krafthauses Hauptstufe. So konnte bereits 1941 der Triebwasserstollen zum Krafthaus und der Schrägaufzug über die Lärchwand fertiggestellt werden. 1942 wurde das Bauvorhaben in der kriegswichtigen Dringlichkeit zurückgestuft, was sich besonders auf die Zuteilung von Baumaterialien wie Zement, Baustahl, Bauholz usw. auswirkte.
Im Mai 1943 zerstörten britische Bomber die Pfeilerkopfmauer der Möhnetalsperre im Ruhrgebiet (Westfalen), wobei durch die Flutwelle des auslaufenden Speichersees über 1.000 Menschen ums Leben kamen. Daraufhin wurde von höchsten Stellen die Bombensicherheit der Limbergsperre gefordert. Dies bedeutete das vorläufige Ende eines Weiterbaues der Sperre, da eine Umplanung der Pfeilerkopfmauer auf erhebliche statische Schwierigkeiten stieß. Dr. Grengg und sein Planungsteam fanden in einer bis dahin in Europa noch unbekannten Gewölbemauer die Lösung, doch diese erforderte eine generelle Neuplanung der Staumauer.
Von den bis dahin bis zu 4.400 am Bau beschäftigten Zwangs-, Fremd- und sonstigen Bauarbeitern, davon 90 Prozent Ausländer aus 23 Nationen, wurden rund 2.000 Mann auf andere, kriegswichtigere Baustellen transferiert. Die Bauleitung entschloss sich für ein Notprogramm und als Zwischenlösung wurde mit Aushubmaterial vom Sperrenfundament quer zum Tal des Wasserfallbodens ein 10 Meter hoher Hilfsdamm aufgeschüttet, wodurch sich dahinter ein Stausee von 1 Million m³ Wasserinhalt bildete. Im Herbst 1944 wurde im Krafthaus Hauptstufe in Kaprun-Winkl der erste Maschinensatz und ein Teil der Schaltanlagen mit der Anbindung ins Stromnetz fertig. Wegen der Nichtzuweisung von Stahlblechen für den Rohrleitungsbau wurde mit einer provisorischen Holzrohrleitung von 200 Metern Länge eine Verbindung vom Stausee zum Triebwasserstollen hergestellt. So konnte Wasser zu den Turbinen im Tal geleitet und damit der erste Strom ins Netz geliefert werden.
Im März 1945, also knapp vor Kriegsende, wurde ein zweiter Maschinensatz zur Stromerzeugung im Krafthaus Kaprun in Betrieb genommen. Nach Kriegsende und Rückkehr der überwiegend ausländischen Bauarbeiter in ihre Heimatländer, standen die Bauaktivitäten still. Im Sommer 1945 brach noch dazu der Hilfsdamm am Wasserfallboden und somit wurde auch die Stromerzeugung wieder eingestellt. Ende 1945 und Anfang 1946 wurden an der Baustelle nur notwendige Sicherungsarbeiten durchgeführt. Die Alpenelektrowerke wurden unter kommissarische Verwaltung der amerikanischen Besatzungsmacht gestellt und als Anstoß zum Weiterbau wurde die Arbeitsgemeinschaft der Baufirmen "ARGE Kraftwerk-Kaprun" gegründet.
1947: Als neuer Bauträger entsteht als Sondergesellschaft die "Tauernkraftwerke AG" (TKW), an welche auch die Wasserrechte übertragen werden und die für die notwendige Finanzmittelausstattung und -verwendung aus dem "Marshallfonds" verantwortlich wird.
1948: Die Planungen für die Gewölbemauer der Sperre Limberg sind abgeschlossen und der Fundamentaushub für die Mauer fertiggestellt. Am Mooserboden wird der Stollen für die Wasserzuleitung aus dem Mölltal in Kärnten (Abfluss vom Pasterzengletscher) begonnen. Die Bautätigkeit im Kapruner Tal läuft wieder voll an und die "Männer von Kaprun" werden zum Symbol des Wiederaufbaues in Österreich.
1949: Anschlag des Möllüberleitungsstollens von Kärnten her, Baubeginn für die Stollen der Oberstufe. Betonierungsarbeiten der Gewölbemauer Limbergsperre.
1950: Beginn der Fundamentarbeiten der Mooser- und Drossensperre (Oberstufe).
1951: Fertigstellung der 120 Meter hohen Limbergsperre und Stau des dahinterliegenden Speichersees Wasserfallboden (Nutzinhalt 81,2 Millionen m³). Das Wasser wird durch den schon vor Kriegsende fertiggestellten und als Provisorium bis zum Bruch des Hilfsdammes 1945 genützten Triebwasserstollen Hauptstufe zum Krafthaus Hauptstufe in Kaprun-Winkl geleitet. Baubeginn des an die Staumauer der Limbergsperre angebauten Krafthauses zur Verarbeitung des Wassers aus der Oberstufe.
1952: Fortsetzung der Bauarbeiten bei allen Objekten, hauptsächlich Betonierungsarbeiten der Mooser- und Drossensperre.
1953: Der 11,6 Kilometer lange Möllüberleitungsstollen wird fertig. Das Wasser aus dem Mölltal fließt in den Speicher Wasserfallboden der Limbergsperre. Der Triebwasserstollen der Oberstufe vom Speicher Mooserboden zum Krafthaus Oberstufe (an die Limbergsperre angebaut) wird ebenfalls fertig.
1954: Fertigstellung der Moosersperre (107 Meter Höhe) und der Drossensperre (112 Meter Höhe) im Bereich der Oberstufe und Beginn des Vollstaus am hinter den beiden Sperren liegenden Speichersee Mooserboden (Nutzinhalt 84,9 Millionen m³). Vollinbetriebnahme des Krafthauses Oberstufe.
Heute erzeugt die Kraftwerksgruppe Kaprun hochwertigen Spitzenstrom für das österreichische und europäische Verbundnetz. Dabei wird nicht, wie bei Laufkraftwerken an Flüssen, kontinuierlich Strom erzeugt, sondern die Turbinen bzw. Generatoren werden zur Abdeckung von Spitzenverbräuchen kurzfristig hochgefahren und der Strom ins Netz gespeist. Die durchschnittliche Jahresleistung der Oberstufe beträgt 152 Millionen Kilowattstunden und zusätzlich durch Pumpspeicherbetrieb 100 Millionen Kilowattstunden (Rückpumpen von bereits abgearbeiteten Wasser vom Stausee Wasserfallboden zum Speicher Mooserboden und dadurch mehrmalige Nutzung zur Stromerzeugung). Die durchschnittliche Jahresleistung der Maschinen der Hauptstufe beträgt 490 Millionen Kilowattstunden.
| Orte | Kraftwerke | Hauptmenü |