Truppenübungsplatz Döllersheim-Allentsteig

Ruinen Döllersheim
©Josef B., 2000
Reste der Kirche und Gebäuderuinen des ausgesiedelten Ortes Döllersheim. Die Kirche und der Friedhof liegen heute außerhalb des Sperrgebietes und sind von der Bezirksstraße Ottenstein-Allentsteig aus frei zugänglich.

Zeitraum 1938 - 1945

Für die Einheiten des nach Einmarsch der Deutschen Wehrmacht 1938 entstandenen Wehrkreises XVII (zugleich XVII Armeekorps – umfasste die Reichsgaue Wien, Nieder- und Oberdonau) mussten rasch Übungsräume geschaffen werden.

Die Wahl fiel auf das im Waldviertler Zentralraum gelegene sogenannte "Döllersheimer Ländchen". Die Fläche betrug etwas weniger als 200 km² und reichte im Norden über Allentsteig hinaus bis in den Raum Göpfritz an der Wild, im Westen bis an die Stadtgrenze von Zwettl, im Osten bis in die Gegend um Neupölla und wurde schließlich im Süden vom Kamp-Fluß begrenzt.

Um die Auswahl des Gebietes bildeten sich viele Legenden:

So soll Hitler persönlich die Errichtung des Übungsplatzes befohlen haben, um so seine "Ahnenheimat" auszulöschen, oder in anderer Version, sie zu würdigen und zu verherrlichen - "Ahnenheimat" deshalb, weil Hitlers Großmutter, Maria Schickelgruber, aus der Gegend stammte bzw. dort lebte (geboren 1796 in Strones, gestorben 1847 in Kleinmotten und in Döllersheim begraben).

Der wahre Grund zur Platzwahl dürfte in der relativ dünnen Besiedelung, den schlechten Böden und daraus resultierenden geringen Erträgen der Landwirtschaft, keine Industriebetriebe und den im Winter besonders argen klimatischen Bedingungen (Kältepol) der Gegend, liegen.

Landschaft um Fuglau
Die waldreiche Gegend in Kombination mit geringer Siedlungsdichte dürften der wahre Grund für die Standortwahl gewesen sein. Hier zwei Impressionen aus Fuglau, am Rande des Truppenübungsplatzes.
Landschaft um Fuglau
Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem späteren Kriegsgebiet in der Sowjetunion ist wohl mehr als Zufall.

Zwischen Juni 1938 und Dezember 1941 wurden in vier Phasen circa 6.800 Menschen aus 42 Ortschaften, 6 Weilern, 10 Mühlen und einigen Einzelgehöften abgesiedelt. Diese Zwangsabsiedelung führte die "Zweigstelle Ostmark der deutschen Ansiedlungsgesellschaft", mit Sitz in Allentsteig, durch. Anfänglich wurden noch entsprechende Ersatzhöfe mit etwa dem Vorbesitz adäquaten Grundstücken, Häusern, Wohnungen und sonstigen Liegenschaften beschafft. Im weiteren Verlauf der Umsiedlungsaktion wurde die zur Absiedlung bestimmte Bevölkerung unter großem zeitlichen Druck mit geringen Abfindungssummen von ihren Domizilen vertrieben.

Parallel zur Entvölkerung des Landstriches erfolgte der Aufbau der militärischen Infrastruktur durch Errichtung von Barackenlagern, Werkstätten, Verpflegungs- und Nachschublager, Munitionsdepots, Schießbahnen, Beobachtungsbunkern usw. Die erste Artillerieschießübung fand übrigens schon am 8. August 1938 auf dem Tüpl-Gelände statt!

Das Gebiet wurde 1941-42 zum "Heeresgutsbezirk" erklärt und damit gemeindefrei. Die Wehrmacht führte ab nun Gefechtsausbildung bis Divisionsstärke mit Schwerpunkt Artillerieschießen am Tüpl Döllersheim durch. Die Belagsstärke betrug im Durchschnitt 30.000 bis 35.000 Mann. Anlässlich des Einmarsches der Wehrmacht in die Tschechoslowakei wurde ein "Sammellager für Beutegut" am Tüpl eingerichtet. In den weiteren Jahren bis 1945 diente der Tüpl auch zur Auf- und Zusammenstellung von diversen Großverbänden für die verschiedenen Kriegsschauplätze. Weiters befanden sich einige Gefangenenlager am Tüpl-Gelände, das bekannteste war jenes für französische Offiziere in Edelbach (Oflag XVII A).

Zeitraum 1945 – 1955:

Am 9. Mai 1945 besetzten russische Truppen das Tüpl-Areal. Im März 1946 erklärten die Sowjets den Tüpl-Döllersheim als "Deutsches Eigentum" und übernahmen die Verwaltungsagenden. Die ehemaligen Gefangenenlager am Areal wurden nun Sammel- und Durchgangslager für Angehörige der ehemaligen Wehrmacht vor der langen Fahrt in die sowjetische Kriegsgefangenschaft.

Die Sowjetarmee wickelte ebenfalls den Übungsbetrieb für ihre in Niederösterreich stationierten Truppen bis zum Abzug 1955 am Tüpl Döllersheim ab (zeitweise waren bis zu 60.000 russische Soldaten dort stationiert). Die von der Deutschen Wehrmacht fast unzerstört hinterlassenen Baulichkeiten der entsiedelten Dörfer und Gemeinden wurden von den sowjetischen Artillerieeinheiten in Grund und Boden geschossen bzw. unzerstört gebliebene Gebäude abgebrochen und als Baumaterial am Schwarzmarkt verkauft. Ebenso wurden große Waldgebiete am Tüpl durch unkontrollierte Schlägerungen geschädigt. Am 17. September 1955 endete mit Abzug der Kommandantur die russische Besatzung des Tüpl-Döllersheim.

Zeitraum ab 1955:

Nach Abzug der Sowjettruppen ging das Areal an den neuen Staat Österreich. Verschiedenste Studien befassten sich mit der Erstellung von Plänen zur Nutzung des ehemaligen Tüpl-Döllersheim. Vor allem die Niederösterreichische Landwirtschaftskammer und Teile der Abgeordneten des NÖ-Landtages setzten sich für die Wiederbesiedelung des Gebietes mit Bauernfamilien auf neuerrichteten Bauernhöfen ein. So sollten 10 bis 12 neue Dörfer mit jeweils 300 bis 400 Einwohnern und die entsprechenden Gehöfte mit je circa 20 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche entstehen.

Eine Rückführung des völlig verwüsteten und von Blindgängern verseuchten Gebietes überstieg jedoch die damaligen finanziellen Möglichkeiten.

Das wiedererstandene Bundesheer benötigte dringend Übungsräume und so wurde die Übereignung ans BH und Weiterverwendung als Truppenübungsplatz als die billigste und vertretbarste Lösung angesehen. Mit 8. Mai 1957 wurden 160 km² des ehemaligen Tüpl-Döllersheim ans BH übergeben. Randgebiete wurden an Private abgegeben und die Bezeichnung auf Tüpl-Allentsteig geändert.

Seither wurden enorme Investitionen in die Infrastruktur getätigt. Weiters wurden für die übenden Truppen moderne Unterkünfte errichtet, ebenso für die am Ort stationierte Panzerartillerieeinheit die "Liechtensteinkaserne" errichtet.

Heute benützen Bundesheereinheiten aus dem gesamten Bundesgebiet den Tüpl Allentsteig.

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