Luftschutzstollen/Gaugefechtsstand - Graz

Der Grazer Schlossberg hat seit Jahrhunderten eine große militärische Bedeutung. Bereits im Frühmittelalter stand hier eine Burg, die im 16. Jahrhundert zu einer Renaissance-Festung umgebaut wurde. Nach der Demolierung dieser Anlage 1809 durch die napoleonischen Truppen, gelangte der Berg erst 1943 wieder zu militärischer Bedeutung.

Die Reste der Renaissance-Festung auf dem Schlossberg: Kanonenbastei, Glockenturm, Bastei, Uhrturm (von links)
©Schmitzberger, 2008
Die Reste der Renaissance-Festung auf dem Schlossberg: Kanonenbastei, Glockenturm, Bastei, Uhrturm (von links)

Wegen der anhaltenden Luftangriffe gegen österreichische Städte, begann man 1943 mit dem Bau eines groß angelegten Systems an Luftschutzstollen im Grazer Schlossberg. Insgesamt entstanden etwa sechs Kilometer Stollenlänge (1) mit 21 Eingängen rund um den Berg. Diese waren mit "A" bis "X" benannt, wobei nicht alle Eingänge fertiggestellt bzw. nicht alle Buchstaben vergeben wurden.

Der Deckname für dieses Unternehmen könnte "Felshütte" gewesen sein, dies lässt sich aber nicht zweifelsfrei belegen.

Zwei der erhaltenen Eingänge in das unterirdische Stollensystem: U und V
©Schmitzberger, 2008
Zwei der erhaltenen Eingänge in das unterirdische Stollensystem: "U" und "V"

Mehrere Tausend sowjetische Kriegsgefangene, Häftlinge, Zwangsarbeiter, aber auch Wehrmachtsangehörige arbeiteten etwa eineinhalb Jahre an der Errichtung der Luftschutzanlagen.(1) Schlussendlich boten sie bis zu 50.000 Personen Platz.

In der Anlage gab es eigene Bereiche für Kinder und Schüler (bei den Eingängen "A" und "B"), einen Sanitätsbereich (bei "U"), eine Entgiftungsstelle (zwischen "C" und "D") und sogar einen eigenen Wasserbehälter. Große Bereiche der Stollenanlage befanden sich unter dem Uhrturm.

Gesamtplan der Stollenanlagen im Grazer Schlossberg
©Schmitzberger, 2008
Gesamtplan der Stollenanlagen im Grazer Schlossberg

Ein besonderer Bereich war der sogenannte "Gaugefechtsstand" bzw. "Wehrmachts-Befehlsstand", der sich im Bereich des Bezirksgerichts (Eingänge "K", "P" und "Q") befand. Analog zu der Anlage im Wiener Gallitzinberg erfolgte auch hier die Überwachung der feindlichen Bombereinflüge. Hier gab es eine eigene Stromversorgung, Drahtfunk, eine Warnzentrale und einen Stollen für den Kreisleiter.

Ein kleiner Teilbereich der Stollen (zwischen den Eingängen J und U) wird heute als Fußgängerpassage genutzt. Man erkennt gut die 
							Dimensionen der Luftschutzanlage.
©Schmitzberger, 2008
Ein kleiner Teilbereich der Stollen (zwischen den Eingängen J und U) wird heute als Fußgängerpassage genutzt. Man erkennt gut die Dimensionen der Luftschutzanlage
Abzweigung in einen der Nebenstollen
©Schmitzberger, 2008
Abzweigung in einen der Nebenstollen

Der Großteil der Stollenanlage ist heute ungenutzt und kann nicht betreten werden. Nur kleine Teile werden als Fußgängerdurchgang, Veranstaltungsort bzw. Grottenbahn genutzt. Ein weiterer Teilbereich beinhaltet ein "Montan- und Werkbahnmuseum", das aber leider derzeit nicht zu besichtigen ist (1).

Quellen und weitere Informationen:

  • (1) Koren Johannes, Der Grazer Schlossberg und seine Geheimnisse. Expeditionen auf, in und um den Berg (Graz 2008)
  • Beer Siegfried/Karner Stefan, Der Krieg aus der Luft. Kärnten und Steiermark 1941 - 1945 (Graz 1992)
  • Rauchensteiner Manfried, 1945. Entscheidung für Österreich, eine Bilddokumentation (Graz 1975)

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