Gaugefechtsstand Gallitzinberg - Wien XVI

Schon zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war im Reichspropagandaamt im Dritten Wiener Gemeindebezirk eine Funkstation vorhanden, da moderne Telekommunikationsmittel sicherlich zu den wichtigsten propagandistischen Hilfsmitteln des NS-Regimes zählten. Im weiteren Kriegsverlauf steigerten sich die Anforderungen an diese Anlagen aber gewaltig, da zur Propaganda nun auch militärische Aufgaben kamen. Dies führte dazu, dass die Funkanlagen aus Platzmangel schon vor dem Balkanfeldzug in neu errichtete Baracken bei der Jubiläumswarte am Gallitzinberg verlegt wurden.

Erhaltener Wachbunker bei der Jubiläumswarte
©Thomas Keplinger, 2015
Die drei erhaltenen Wachbunker bei der Jubiläumswarte.
Erhaltener Wachbunker bei der Jubiläumswarte
©Thomas Keplinger, 2015
Erhaltener Wachbunker bei der Jubiläumswarte
©Thomas Keplinger, 2015

Mit der steigenden Wichtigkeit der Sendeanlagen wurde auch klar, dass ein gewisser Schutz vor Luftangriffen notwendig war. Schon 1942 begannen daher die Bauarbeiten an einer Stollenanlage, die in Österreich ziemlich einzigartig war.

Beschreibung der Anlage

Obwohl die Ausmaße des unterirdischen Systems sehr oft maßlos übertrieben werden, so war die Ausdehnung doch beachtlich. Insgesamt hatten die Stollen eine Länge von 340 Metern und bestanden z.B. aus Sitzungsraum, Befehlsraum und Wohnräumen. Es waren 26 Fernsprecher vorhanden, die ständigen Kontakt zum Führerhauptquartier, zur Luftwaffe, zu allen Notdiensten und sogar zur Marine hielten. Von hier kamen sowohl Anweisungen an die verschiedenen Flakbatterien (z.B. die Flaktürme) als auch der berühmt-berüchtigte "Kuckuck"-Warnton für die Zivilbevölkerung.

Der zugeschütte Haupteingang
Der zugeschütte Haupteingang
Daneben liegende Barackenreste
Daneben liegende Barackenreste

Der Haupteingang lag in unmittelbarer Nachbarschaft zu den oberirdischen Baracken auf der Wiese neben der Jubiläumswarte. Dieser Bereich war durch drei Wachbunker abgesichtert, die noch heute vorhanden sind (siehe erstes Bild).

Von hier führte eine Stiege 25 Meter in den Berg hinab auf die Sohle des Hauptstollens. Sie war mehrfach abgewinkelt, um bei möglichen Bombentreffern die Druckwelle zu brechen.

Der Hauptstollen selbst führte in Richtung Norden, wo er einen weiteren Ausgang hatte (ebenfalls vor Druckwellen gesichert). Vor dem Eingang befand sich ein kleiner Aggregatbunker, dessen Einrichtung der Stromversorgung der Anlagen diente (Beleuchtung, Funkanlagen, Heizung,...). Der Hauptstollen war etwa 100 Meter lang und hatte ein Profil von etwa 2 x 2 Metern.

Der zubetonierte Nordausgang des Hauptstollens. Links vom Eingang sind Reste des Aggregatbunkers 
	zu erkennen
Der zubetonierte Nordausgang des Hauptstollens. Links vom Eingang sind Reste des Aggregatbunkers zu erkennen

Das Zentrum der Anlage lag in östlicher Richtung vom Hauptstollen und war zweigeschoßig ausgeführt - Innenmaße rund 17 x 5 Meter. Im Obergeschoß dieses Nebenstollens waren die Räumlichkeiten für Drahtfunk, Fernschreiber, Telefonvermittlung etc. untergebracht. Im Untergeschoß lagen die Räumlichkeiten von Baldur von Schirach (Gauleiter von Wien), der Gauorganisationsraum und der Befehlsstand. Von diesen Räumlichkeiten aus wurden die Luftschutzalarme ausgelöst und die Bevölkerung via Drahtfunk/Radio über Luftmeldungen informiert.

Weitere Anlagen

Der Gaugefechtsstand war von einem mehrstufigen Sicherheitsgürtel umgeben. Davon künden auch heute noch mehrere Stellungen in der Umgebung. Während sich die Eingänge zum eigentlichen Stollensystem in der Kernzone des Sicherheitssystems befanden, gab es auch in den äußeren Zonen Bauten, die zum Gaugefechtsstand gehörten. Dazu zählten ein Treibstoffbunker, dessen gesprengte Reste sich nahe der Johann Staud-Straße in unmittelbarer Nähe eines kleinen Bildstockes befinden und drei Quellfassungen zur Entwässerung der Bunkeranlage.

Eingang zu einer der drei Quellfassungen, östlich der Stollenanlage gelegen
Eingang zu einer der drei Quellfassungen, östlich der Stollenanlage gelegen
Die zweite Quellfassung. Der Eingang ist baugleich, aber gesprengt
Die zweite Quellfassung. Der Eingang ist baugleich, aber gesprengt

Noch einige hundert Meter weiter östlich befindet sich ein weiteres Bauwerk, bei dem es sich um das zu den Quellfassungen gehörende Wasserschloss handelt. Es besitzt zwei Becken, die mit Wasser gefüllt sind. Das Wasserschloss liegt innerhalb eines Forstwirtschaftlichen Sperrgebietes und konnte deshalb nicht näher untersucht werden (das Foto ist durch den Zaun entstanden).

Wasserschloss
Wasserschloss

Weiters befinden sich auf den Steinhofgründen die Reste des amerikanischen Mittelwellensenders "Rot-Weiß-Rot". Die Fundamente dieses Senders werden hie und da fälschlicherweise mit dem Gauleitungsbunker in Verbindung gebracht, haben mit diesem jedoch nichts zu tun.

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