Baubeauftragter: SS-General Hans Kammler
Planer: Karl Fiebinger
Produktion
Diese sehr große Anlage diente zur Produktion von düsenbetriebenen Jagdflugzeugen Messerschmitt Me 262. Komplette Flugzeuge (ohne Tragflächen) wurden an einer Art "Fließband" hergestellt, mit Produktionsstart Ende März 1944. Es wurden bis 1. Mai 1945 987 Flugzeuge hergestellt.
Beschreibung der Anlage:
Diese Anlage befindet sich in einem alten Sandsteinberg in den Niederungen des Donautales. Nach Berichten ehemaliger Arbeiter
war der Sand sehr trocken und es konnten die Ausgrabungen ohne die Schild-Methode erfolgen.
19 Haupttunnels, sechs Meter breit und 4,6 Meter hoch mit halbelliptischem Querschnitt wurden in durchschnittlicher Länge von 245 Metern in
den Berg getrieben. Diese Haupttunnel wurden von neun Quertunnels im rechten Winkel zu den Haupttunnels durchkreuzt. Alle
Tunnel waren mit Beton ausgekleidet. Die Stärke der Auskleidung betrug circa 45 Centimeter. Die gesamte Grundfläche betrug
158492 Quadratmeter, und die Anlage verfügte über 11 Eingänge. Es führte eine eingleisige Bahnlinie zu dem Werk, welches sich dann
dreigleisig in das Werk fortsetzte.
Gegenwärtiger Status: Alle Tunnels waren bis Ende März 1945 ausgegraben und mit Beton ausgekleidet. Flugzeuge wurden
während des Krieges erzeugt, aber die Herstellung war bei der Besichtigung am 6. Juli 1945 bereits eingestellt und Teile
der Einrichtung waren bereits entfernt.
Konstruktion:
Ausgrabung: Die Haupttunnel wurden vor den Quertunnels ausgegraben. Die Ausgrabungsmethoden waren bei allen Tunnels die selben. Pilot-Tunnels auf Bodenhöhe wurden zuerst in den Berg getrieben. Dann wurde die obere Hälfte ausgebrochen und sofort mit Beton ausgekleidet, bevor der untere Teil ausgegraben wurde. Der Sand wurde mit Presslufthämmern gelöst, welche 18 Pfund schwer waren und mit sechs Bar Luftdruck betrieben wurden. Es wurden keine Sprengstoffe angewendet. Das Ausbruchmaterial wurde händisch durch die senkrechten Schächte auf ein Förderband geschaufelt, welches sich im Pilottunnel befand. Das Förderband brachte den Sand nach draußen, wo er auf Bahnwaggons verladen wurde und nach circa 1,5 Kilomtern auf eine Deponie geschüttet wurde. Alle Tunnel wurden seitlich mit Holz abgestützt und für die Decke wurden Stahlbögen verwendet, um ein Einbrechen zu verhindern. Zwei Einstürze kamen jedoch trotzdem vor. Einer beim Durchschnitt von Tunnel C und 5, und einer bei Tunnel F und 10. Während der Ausgrabungen und dazwischen wurden die Tunnel vorübergehend durch eine 30 Centimeter starke Rohrleitung belüftet. Die Lüfter konnten wahlweise auf Blasen oder Saugen geschaltet werden.
Betonarbeiten:
Um die Tunnelform zu erhalten, wurden Holz und Stahlformen verwendet. Die Verknappung von Stahlformen verhinderte, dass sie überall angewendet wurden. Zuerst wurde die obere Hälfte ausgebrochen und sofort danach ausbetoniert, nachher wurde dann die eine Tunnelseite ausgebrochen und darauffolgend betoniert und dann die andere. Als Zement wurde ein Standard-hochfester Portland-Zement verwendet. Verwendet wurde dazu gleich der Tunnelsand, der in Körnungen von 0 - 50 Millimeter vorhanden war. Der grobe Zuschlag wurde von der Donau geholt. Die durchschnittliche Mischzeit betrug fünf Minuten. Die Auskleidung wurde in drei Schritten gegossen - zuerst die Decke, dann die zwei Seitenwände. Ein Vertragsunternehmer benützte überall die Pumpbetonmethode. Die Pumpe mit einer 17 Centimeter dicken Leitung konnte den Beton horizontal über 150 Meter weit befördern. Für größere Entfernungen wurde eine Zusatzverstärkerpumpe auf einem tragbaren Gestell benützt. Andere Vertragsunternehmer benutzten kleine Bahnwaggons, um den Beton in den Tunnel zu bringen. Die unteren Teile des Tunnelbogens wurden von Hand mittels Stampfbeton aufgebracht, und für die Tunnelkrone wurde ein Förderband für die genaue Plazierung des Betons verwendet. Es wurde kein Vibrator und kein Härter benützt. Der Tunnelfußboden war 30 Centimeter dick und nicht verstärkt, außer dort, wo der Kanal überbrückt wurde.
Entwässerung:
Die Entwässerung war das kleinste Problem, da der Grundwasserspiegel sich circa vier Meter unter dem Fußboden befand. Alle Tunnel waren überraschenderweise trocken. In einem einzigen Fall überschnitt der Grundwasserspiegel den Tunnelfußboden.
Kläranlage:
Gusen war eine der wenigen Anlagen mit einer Abwasserbehandlungsanlage. Die Kläranlage bestand aus einem Pumpenhaus, einem Absetzbecken, zwei aktiven Schlammtanks, und einem Schlammtrocknungsbett, welches nur teilweise in Betrieb war. Man beförderte daher die Abwässer in den Gusen-Fluß.
Heizung und Lüftung:
Das Heizungs- und Lüftungssystem wurde von der Firma "Rudolph Otto Meyer STUTTGART" entwickelt. Die Anlage hatte vier Lüfterstationen mit je fünf Stück 42000 cfm-Lüfter.
Verschiedenes:
Elektrizität wurde von Linz und Mauthausen mit 10000 Volt angeliefert und zum Werksgebrauch auf 380/220 Volt heruntertransformiert. Über eine Standby-Kraftzentrale wurde nachgedacht, aber dann nicht errichtet. Die Anlage war nicht gasdicht. Über Filter wurde nachgedacht, aber keine eingebaut. In den Tunneln wurden Sprengschutz-Türen eingebaut, dadurch wurde die Anlage bombensicher. Luftschutzbunker wurden außerhalb der Anlagen nicht errichtet. Totale Konstruktionskraft war 6600 Personen, welche in drei Schichten zu je acht Stunden arbeiteten.
Zustand heute:
Die Stollenanlage verfiel jahrzehntelang und wurde teilweise durch Bergbau zerstört. 2001 übernahm die Republik Österreich die Rechtsnachfolge für das Dritte Reich und begann mit umfangreichen Sicherungsmaßnahmen. So wurden in den Jahren 2003 und 2004 mehrere Millionen Euro investiert. Etwa ein Viertel der Anlage konnte durch die Bundesimmobiliengesellschaft gesichert werden, siehe die folgenden Bilder.