Fliegerhorst Hörsching - Decknamen "Kasten" und "Tollkirsche"

Geschichte

Gleich nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich begann die Luftwaffe mit der Suche nach geeigneten Flächen zur Errichtung eines Friedensstandortes für zwei Kampfgruppen im Gebiet zwischen Linz und Wels. Die Wahl fiel auf ein Gelände der sogenannten "Welser Heide", nördlich der Ortschaft Hörsching, zwischen der Reichsstraße (heute Bundesstraße B1) und der Westbahn.

Am 13. Mai 1938 nahm Hermann Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe den Spatenstich vor. Neben den erforderlichen Infrastruktureinrichtungen entstanden folgende Anlagen:

Auf der circa 10 Meter höher gelegenen Hochfläche Richtung Westbahn wurde der eigentliche Flugplatz errichtet. Er umfasste:

Weiters entstanden im Ort Hörsching Wohnblöcke für Familien von Luftwaffenangehörige.

Belegung

Bereits im Herbst 1938, bei der Besetzung des Sudetenlandes, wurden Teile des im Bau befindlichen Horstes vorübergehend als Liegeplatz für diverse Kampfgruppen genützt. Das Bodenpersonal, bestehend aus einer Flugplatzbetriebskompanie und einem Heimatwachzug, unterstand der Fliegerhorstkommandantur (Fl.H.Kdtr.) Wels. 1939 wurde eine Fl.H.Kdtr.A eingerichtet, welche ab 1943 die Bezeichnung Fl.H.Kdtr. 8/XVII bekam und dem Kdo./Flughafenbereich Wels (später ebenfalls Hörsching) unterstand.
Dem gleichen Kommando unterstand auch die Fl.H.Kdtr. E 5 Linz für den Flugplatz Linz-Lustenau (an der Donau zwischen Stadt- und Ölhafen gelegen). Zur Sicherung der drei benachbarten Plätze Linz, Wels und Hörsching wurden ab Jänner 1940 die Landesschützenkompanien 3/XVII in Wels und 13/XVII in Hörsching stationiert. An weiteren Mannschaften befanden sich in Hörsching Luftnachrichtentruppen ("Luftnachrichtenstelle") und die 2. Kompanie des Luftwaffen-Bergebataillons 9.

An fliegenden Verbänden bzw. Personal waren zwischen 1940 bis Kriegsende 1945 die verschiedensten Einheiten am Platz anzutreffen, Schwerpunkt war aber die Schulung und Ausbildung von Flugpersonal für die Frontverbände.

So kam Anfang 1940 die "Groß-Kampffliegerschule 2" aus Fassberg nach Hörsching. Mehr als 3.000 Soldaten belegten den Platz, davon etwa 1.000 Mann fliegendes Personal zur Ausbildung (250 Flugzeugführer und 750 sonstige Besatzungsmitglieder). Neben der Pilotenausbildung gab es auch die Schulung zum Beobachter, Bordfunker und Bordschützen. An Schulflugzeugen standen ältere Muster wie Dornier Do 11 und Do 23, Junkers Ju 86, für Zielanflug- und Bombenabwurfübungen die Focke Wulf FW 58 "Weihe", für Nachtflüge die Ju 52 und für Navigationsflüge die Ju-W 34, zur Verfügung. Nach der Spezialausbildung wurden die Besatzungen für die einzelnen Flugzeugtypen zusammengestellt und die Zusammenarbeit im Team geschult. Es gab je eine Gruppe zur Ausbildung an den Bombern Heinkel He 111 und an den Sturzkampfflugzeugen Junkers Ju 88. Bombenabwürfe mit zementgefüllten Übungsbomben wurden in der Nähe von Traun durchgeführt.

1940 wurde ein Teil der Kampfbeobachterschule 2 ebenfalls nach Hörsching verlegt. An dieser Schule wurden die Bombenschützen ausgebildet, welche nach Absolvierung ihrer Ausbildung an die Kampffliegerschule überstellt und in die Besatzungen integriert wurden. Anfang 1943 wurde die Kampffliegerschule 2 zum Kampfgeschwader 102 umgebildet und an die Front verlegt. Die Kampfbeobachterschule wurde danach zur Gänze in Hörsching zusammengezogen und verblieb bis zur Auflösung Ende Dezember 1944 am Platz.

Als nach der alliierten Landung in Italien in der zweiten Jahreshälfte 1943 die Bombenangriffe auf Ziele in Österreich und Süddeutschland immer mehr zunahmen, wurden auch Kampfgeschwader nach Umschulung und Umrüstung des Fluggerätes im Rahmen der "Reichsverteidigung" zur Bekämpfung der alliierten Bomber eingesetzt. So wurde im September 1943 die I./KG 51 "Edelweiß" nach Umrüstung von Ju 88 auf Zerstörer vom Typ Me 410 "Hornisse" von Illesheim nach Hörsching verlegt. Der Einsatz der im Jagdkampf ungeübten Kampfflieger brachte nicht den gewünschten Erfolg und so wurde die Gruppe im November 1943 von Hörsching abgezogen und nach Lechfeld zur Nachtflugschulung verlegt. Ab 25. November 1943 war die III./KG 76 zur Auffrischung am Horst und kehrte im Jänner 1944 wieder nach Italien zurück.

Im Frühjahr 1944 wurde eine Erprobungsstelle für die Wiener Neustädter Flugzeugwerke (WNF) am Fliegerhorst eingerichtet. Es wurden Flugversuche mit der Messerschmitt Me 328B unternommen. Dies war eine Weiterentwicklung der Me 328A und sollte in Selbstaufopferungseinheiten, ähnlich den japanischen Kamikaze-Piloten, zum Einsatz kommen. Das Projekt wurde wegen schlechter Flugeigenschaften des Gerätes, Unfällen bei der Triebwerkserprobung und eines Verbotes der Selbstopferungseinsätze durch Hitler, eingestellt.

Zum Schutz vor den immer häufiger werdenden Luftangriffen auf den Platz wurden westlich und nördlich der Startbahnen, in etwa zwei Kilometer Entfernung der Hangars, Gebäude in Ziegelbauweise zur Einstellung von Flugzeugen errichtet. Diese Ausweichhangars wurden in der Nähe von Bauerngehöften situiert, als Scheunen bzw. Geräteschuppen getarnt und mit provisorischen Rollwegen mit den Startbahnen verbunden.

Die letzten Monate des Jahres 1944 brachten die unterschiedlichsten Luftwaffenverbände nach Hörsching. Eine exakte Erfassung ist wegen der sich rasch ändernden Belegungen sicher nicht mehr möglich.

Ende 1944 kamen das Schlachtgeschwader 101 (SG 101) und die III. Gruppe der Stuka-Schule 1 zur Umschulung auf die Focke-Wulf FW190 nach Hörsching. Zur gleichen Zeit kamen zwei Gruppen das KG 27 "Boelke" von der Front im Weichselgebiet nach Hörsching ( 3. Gruppe nach Wels) und wurden auf Jagdmaschinen umgeschult. Die neue Bezeichnung lautete KG(J) 27, die in Hörsching liegenden Gruppen (I und II) wurden auf die Me 109 und die Welser Gruppe (III) auf die FW 190 umgerüstet.

Kriegsende

Ursprünglich rechnete man mit einer Besetzung des Horstes durch die aus Osten anrückenden sowjetischen Truppen. Nach der Stabilisierung der Front in Niederösterreich in etwa entlang der Traisen zeichnete sich jedoch die Einnahme durch die rasch aus Westen (Niederbayern) vorstoßenden US-Einheiten ab.

Nach Aufgabe der Einsatzplätze im Osten verlegten Anfang April 1945 Teile des Schlachtgeschwaders 10 (II./SG 10 , ursprünglich Bad Vöslau, danach Markersdorf), sowie das JG 76 (bestehend aus II./JG 51, II./JG 52, I./JG 53 und ung.J.Grp. 101) nach Hörsching.

Als weiterer Verband befand sich die Anfang 1945 aufgestellte, dem Luftwaffenkommando 4 (ehemals Luftflotte 4) unterstellte "Transport-Staffel 200" am Platz. In dieser Einheit wurden die bei verschiedenen Verbänden verbliebenen restlichen viermotorigen Maschinen vom Typ Focke-Wulf FW 200 "Condor" zusammengezogen.

Mitte April 1945 verlegten noch einige Düsenjäger Me 262 der II./KG(J) 51 "Edelweiß" nach Aufgabe der Plätze Schwäbisch Hall und Nürnberg-Fürth nach Hörsching und flogen Einsätze gegen die US-Luftwaffe und Bodentruppen.

Der Treibstoff- und Ersatzteilmangel zwang in den letzten Kriegstagen einen Großteil der Maschinen zum Verweilen am Boden. Die Restbestände an Flugbenzin wurden an einige mit dem "Panzerblitz" ausgerüstete FW 190 Maschinen ausgegeben. Diese griffen noch in die Erdkämpfe mit den Sowjet- als auch US-Truppen ein. Die meisten fliegenden Einheiten wurden aufgelöst und die Besatzungen sowie die Mannschaften des Bodenpersonals wurden Heereseinheiten zugeteilt. Anfang Mai kam es laufend zu Tieffliegerangriffen auf das Flugplatzareal mit den vielen abgestellten Maschinen. Als am 4. Mai die US-Truppen Wels besetzten, sprengten aus Linz kommende SS-Einheiten die circa 350 am Platz befindlichen Flugzeuge. Am 5. Mai am frühen Nachmittag besetzten Teile der 65. US-Infanterie-Division den Fliegerhorst.

Besatzungszeit

Mit der vorhin beschriebenen Besetzung des Flugplatzes am 5. Mai 1945 begann die bis 1955 dauernde Besatzungszeit durch US-Airforce und Army. Die durch die Kampfeinwirkungen entstandenen Schäden wurden relativ rasch behoben und schon Mitte Mai begannen die Transportmaschinen der USAAF mit dem Rücktransport von befreiten alliierten Kriegsgefangenen. Der Fliegerhorst bekam die Bezeichnung "Camp McCauley Hörsching" und neben verschiedenen Army-Einheiten waren bis August 1945 die "17th Bomber Group" und die "548th Service Group", danach bis Jahresende die "371st Fighter Group", die "79th Fighter Group" und die "499th Service Group" am Platz stationiert. Für die Flugplatzeinrichtungen sorgte ein "Detachment" der "117th Army Airways Communications Service Squadron". Mit Jahreswechsel 1945/46 wurden die Einsatzverbände wegen der nahen Demarkationslinie auf Plätze in Deutschland zurückverlegt. Es verblieben nur Verbindungs- und Transporteinheiten mit zugehörigem Bodenpersonal mit der Hauptaufgabe, die Verbindung zum US-Sektor der inmitten der Sowjetzone liegenden Stadt Wien über die "Air Force Station Tulln" (Langenlebarn) aufrecht zu halten. Der Großteil der Kasernengebäude wurde von Army-Truppen belegt.

Ab 28. April 1950 durfte der Flugplatz auch von zivilen Flugzeugen benützt werden und einige internationale Fluglinien nahmen Linz-Hörsching in ihr Flugprogramm auf. Mit 12. August 1955 übergaben die Amerikaner den Flugplatz an die österreichischen Behörden bzw. die Linzer Flughafenbetriebsgesellschaft.

Die dritte Piste:*

Bereits im Zweiten Weltkrieg plante man die Errichtung einer dritten Piste, die das östliche Ende der südlichen Piste mit dem westlichen Ende der nördlichen Piste verbinden sollte. Dazu wurden trompetenförmige Flächen angelegt, die den nordwestlichen und südöstlichen Kopf dieser diagonalen Piste bilden sollten. Der nordwestliche Kopf bestand aus Betonelementen mit den Maßen von etwa 7,5 mal 3 Metern, während der südöstliche durchgehend betoniert war. Diese aus den bestehenden Start- und Landebahnen ragenden Ecken dienten dem letzten Check vor dem Start oder als Flugzeugwarteplatz vor der Startfreigabe. In weiterer Folge wäre zwischen diesen beiden Köpfen eine betonierte Piste angelegt worden. Vor Kriegsende kam es jedoch nicht mehr dazu.

In der Zeit der US-amerikanischen Besetzung des Flughafens wurden die Pläne einer diagonalen Piste wieder aufgenommen, um für eventuell hier stationierte Düsenflugzeuge eine Start- und Landebahn von etwa 1.900 Metern Länge anlegen zu können. Diese Pläne wurden jedoch bis zum Abzug der Besatzungsmächte im Jahr 1955 nicht verwirklicht, sodass es in Hörsching nie eine dritte Piste gab.

1955 bis heute:

Der Ministerrat beschloss eine gemeinsame Nutzung des Flugplatzes durch die Zivil- und Militärluftfahrt. Der Großteil der Anlagen wurde dem Militär zugewiesen und die Zivilluftfahrt erhielt einen Hangar (Nr. 3) samt Anbauten zur Abwicklung der Linienflüge von und nach Linz, sowie der zur damaligen Zeit noch sehr bescheidenen sonstigen privaten Fliegerei. Die großen Hangars dienten als Lager für Waffen, Geräte und Fahrzeuge aus Lieferungen der US-Streitkräfte zur Aufstellung neuer Einheiten des Bundesheeres. Die Kasernenanlagen belegten die neue Panzertruppenschule, Infanterie- und Panzereinheiten.
Erst im August 1956 wurde mit Überstellung von Personal der Luftstreitkräfte aus Langenlebarn mit dem Aufbau des militärischen Flugbetriebes in Hörsching begonnen. Wegen der Ungarn-Krise im Herbst 1956 verlegten die Panzertruppen an die östliche Staatsgrenze und verblieben nach dem Grenzeinsatz in Niederösterreich (ehemaliger Fliegerhorst Götzendorf). Auch die Panzertruppenschule wurde auf den ehemaligen Fliegerhorst Zwölfaxing verlegt und somit in Hörsching Platz für den weiteren Ausbau der Fliegerkräfte und einen geregelten militärischen Flugbetrieb geschaffen. 1960 wurde eine eigene Zufahrtsstraße zum zivilen Areal gebaut, 1962 eine Pistensanierung und -verlängerung abgeschlossen. 1964 konnte der neuerrichtete Kontrollturm seiner Bestimmung übergeben werden. 1967 bekam im Zuge des "Traditionserlasses" des Bundesministeriums für Landesverteidigung der Flugplatz Hörsching die Bezeichnung "Fliegerhorst Vogler/Hörsching".

1969 wurde auch mit den Planungen zur Entflechtung des militärischen und zivilen Luftverkehrs am Platz begonnen und in Etappen bis Ende der 1970er Jahre abgeschlossen. Im Nordteil des Geländes wurde der neue Zivilbereich mit Abfertigungsgebäude, Abstellhallen, Frachtzentrum und einem neuen gemeinsam genützten Kontrollturm, errichtet. Die Start- und Landepiste wurde erneut verlängert und an den neuen Zivilteil angebunden. Der Südteil des Flugplatzes wird seither nur mehr militärisch genutzt und Hörsching ist heute der größte Fliegerhorst der Luftstreitkräfte.

Quellen und weitere Informationen:

  • Hainzl Wolfgang, Die Luftstreitkräfte Österreichs 1955 bis heute (Graz 2000)
  • Pitsch Erwin, Die Fliegerhorste des Bundesheeres. In Krieg und Frieden (Wien 1982)
  • Rauchensteiner Manfried, Der Krieg in Österreich 1945 (Wien 1984)
  • * Rittenschober Othmar, bisher unveröffentlichtes Manuskript "Die dritte, diagonale Start- und Landebahn auf dem Flugplatz Hörsching" (2017)
  • Slapnicka Harry, Oberösterreich als es "Oberdonau" hieß (Linz 1978)
  • Tuider Othmar, Die Luftwaffe in Österreich 1938 - 1945 (Militärhistorische Schriftenreihe 54, Wien 1985)
  • Ulrich Johann, Der Luftkrieg über Österreich 1939 - 1945 (Militärhistorische Schriftenreihe 5/6, Wien 1967)

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