Eines der unbekanntesten Themen des Zweiten Weltkrieges sind die deutschen Radarstationen. Auch in Österreich gab es eine ganze Menge davon. Eine der wichtigsten Ortungsanlagen befand sich auf dem Gipfel des "Sonnenberges" bei Hornstein im Leithagebirge. Es war die 10. Jägerleitkompanie der II/LnRgt 218 der 8. Jagd-Division Wien-Cobenzl.
Die Skizze zeigt eine der Radarantennen der Type "Freya" auf dem Gipfel des kleinen Sonnenberges. Die Antenne hatte eine Höhe von circa 10 Metern und war vollständig drehbar (mitsamt dem hölzernen Unterteil).
Flugzeuge in einer Höhe von 50 Metern konnten damit auf eine Entfernung von 20 Kilometern geortet werden. Hatten die Flugzeuge eine Flughöhe von 8.000 Metern, so konnten sie schon in 120 Kilometern Entfernung aufgespürt werden.
Die Werte schwankten natürlich nach Aufstellungsort der Antenne – die Anlage auf dem Sonnenberg hatte aber einen ganz ausgezeichneten Standort.
Die Station "Selma" bestand aus drei Ortungsgeräten der Typen FuMG 401A-LZ "Freya" (Bild oben) und 4-5 "Y-Peilern" (Über 20 Meter hohe Türme zum Anpeilen von Flugzeugen => keine Entfernungsmessung möglich).
Geschützt war die Anlage durch drei Flak-Geschütze des Kalibers 3,7cm, die um die "Freya"-Antenne am kleinen Sonnenberg angeordnet waren.
Die Besatzung der Station bestand angeblich aus etwa 150 Luftwaffenhelferinnen und gleich vielen Soldaten der Luftwaffe. Für sie wurde auf einem Plateau unterhalb des Gipfels ein Barackenlager errichtet.
Schon 1939 wurde mit dem Bau einer Straße von Hornstein bis zum Gipfel des Berges begonnen. Diese Arbeit mussten Sinti und Roma verrichten, die zu diesem Zeitpunkt schon zu Zwangsarbeit verpflichtet waren (siehe dazu auch "Zigeuneranhaltelager" Lackenbach). Die Radaranlagen selbst wurden erst ab Mai 1943 errichtet.
Der Standort auf diesem Berg konnte nicht besser gewählt sein. Der Gipfel ist mit 484 Metern Seehöhe die höchste Erhebung des Leithagebirges. Es ist (geologisch etwas zweifelhaft ausgedrückt) die letzte Erhebung der Alpen vor dem Beginn der ungarischen Tiefebene, die den Haupteinsatzbereich der Anlage darstellte, um die aus Italien und Slowenien anfliegende 15. US Luftflotte zu orten.
Die Anlage diente auch dazu, Nachtjäger (z.B. aus Wiener Neustadt) an ihre Ziele heranzuführen. Laut Augenzeugen wurden in der näheren Umgebung noch zusätzliche (mobile) Radargeräte eingesetzt ("Würzburg D?"). Mit Hilfe all dieser Anlagen soll es im Laufe des Krieges zu 150 Abschüssen gekommen sein (vor allem US Bomber), an denen "Selma" beteiligt war.
Zustand heute:
Noch heute kann man leicht erkennen, wie mühsam es gewesen sein muss, dieses Pflaster zu verlegen. Am rechten Fahrbahnrand sind noch heute zahlreiche Reste der Straßenentwässerung zu erkennen. Über diesen Weg wurde das gesamte Material für die Station hinauf (und nach dem Krieg wohl auch wieder hinunter) gebracht. Laut Augenzeugen verkehrten hier bei Schneelage auch Kettenfahrzeuge.
Ein Stück vor dem Gipfel (auf dem sich die eigentliche Funkmessstellung befand) liegt heute das ausgedehnte Ruinenfeld des Barackenlagers. Hier standen Unterkünfte, Funkhütten und Auswerteanlagen. Die Größe des Bereiches lässt die Augenzeugenangaben zur Besatzung (circa 300 Personen) sehr plausibel erscheinen. Zahlreiche Fundamente und aufgegrabene Kanalleitungen sind zu entdecken.
Auf dem Gipfel:
Im Westen des Gipfels sind noch drei idente Fundamente erhalten. Sie trugen die über 20 Meter hohen Peiltürme der "Y–Geräte."
Auf dem Gipfel selbst befindet sich heute eine Sendeanlage. Von der ersten "Freya"-Antenne sind also keine sichtbaren Reste erhalten. In der näheren Umgebung finden sich aber noch die Spuren mehrerer Stellungen (linker Bildrand und Bildmitte). Es dürfte sich dabei um Auswertebaracken gehandelt haben.
Im Bild sieht man eine weitere Stellung beim Gipfel. In der Nähe befand sich die zweite "Freya"-Antenne etwa an der Stelle, an der sich heute ein Aussichtsturm befindet.
Etwa 100 Meter östlich der Radarantennen befand sich die dritte "Freya"-Antenne (siehe Skizze) auf dem sogenannten "kleinen Sonnenberg". Rundherum waren die Stellungen der 3,7cm-Flak angeordnet. Diese Anlagen sind auch heute noch leicht zu erkennen.
In der weiteren Umgebung war ein riesiger "Bernhard"-Peiler geplant.
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