Die Geschichte des Konzentrationslagers Ebensee begann mit der geplanten Verlegung der Raketenversuchsanstalt Peenemünde nach Ebensee. Geplant waren zwei unterirdische Stollenanlagen für den Bau der A4 und die Entwicklung der A9. Die vom Wiener Ingenieurbüro Fiebinger erstellten Planunterlagen sahen ein Gesamtbauvolumen von 220.000 Kubikmeter für die Anlage A und 70.000 Kubikmeter für die Anlage B vor. Technische Probleme und die systematische Zerstörung anderer Rüstungsproduktionen erforderten mehrfache Umplanungen. Nach systematischen Bombardierungen der deutschen Treibstoffproduktion durch die Alliierten wurde dieser Plan fallengelassen und im Sommer 1944 die Anlage A für die Treibstoffproduktion in Beschlag genommen. Die deutsche Erdöl-Aktiengesellschaft erhielt schließlich den Auftrag zur Errichtung von acht sogenannten „OFEN“-Anlagen, die am 5. Februar 1945 den Betrieb aufnahmen.
Das KZ Ebensee war das erste Lager, welches für den Neubau einer unterirdischen Anlage errichtet wurde. Es war eines von
vielen Außenlagern des KZ Mauthausen und als Arbeitslager konzipiert.
Im November 1943 begann mit 500 Häftlingen der Bau des Lagers. Es wurde etwas außerhalb des Ortes Ebensee in einem dicht
bewaldeten Gelände errichtet. Nach der ersten Ausbauphase bestand das Lager aus circa 15 Wohnbaracken mit dreistöckigen
Bettgestellen. So ausgestattet wurden jeweils 500 Häftlinge in eine Baracke gepfercht. Zur besseren Tarnung wurden die
Baracken in unregelmäßigen Abständen zwischen den Bäumen errichtet. In der Endphase, als mit 18.509 Personen der Höchststand
an Inhaftierten erreicht wurde, mussten bis zu circa 600 Personen in einer Baracke unterkommen.
Neben den 32 Unterkunftsbaracken gab es mehrere Wirtschaftgebäude, welche in einem Halbkreis um den Appellplatz errichtet
wurden. Außerhalb des Lagers, welches mit einem elektrischen Zaun umgeben war, befanden sich die Unterkünfte der Wachmannschaft.
Bereits im Frühjahr 1944 wurde mit dem Bau eines Krematoriums begonnen, die ersten Verbrennungen von Opfern fanden am
31. Juli 1944 statt. Gleich daneben befanden sich das Krankenrevier und die sogenannten "Schonblocks".
Zur Bewachung wurden hauptsächlich SS-Mannschaften, später ab Sommer 1944 auch Wehrmachtsangehörige eingesetzt. Das Lager selbst durften nur der Lagerführer, der Rapportführer, das SS-Sanitätspersonal und die Blockführer betreten. Sie koordinierten und kontrollierten alle mit dem Arbeitseinsatz verbundenen Tätigkeiten. Für die lagerinternen Verwaltungs- und Überwachungsaufgaben wurden Häftlinge herangezogen.
Die Häftlinge, die für den Arbeitseinsatz nach Ebensee gebracht wurden, waren meist im Alter von 20 bis 40 Jahren und anfangs noch bei guter körperlicher Verfassung. Der Gesundheitszustand der Häftlinge verschlechterte sich jedoch sehr rasch. Die Häftlinge mussten an die elf Stunden pro Tag arbeiten, egal bei welcher Witterung. Die Verpflegung war genauso unzureichend wie auch in den anderen Konzentrationslagern (meistens 250 Gramm Brot, Kohl oder Karottensuppe). Dazu kamen noch die Umstände, dass die Häftlinge dauernd in Bewegung gehalten wurden und die geringste Unterbrechung zog schon Konsequenzen seitens der SS oder der Kapos nach sich.
Die Arbeitszuteilung erfolgte mit Hilfe eigener Listen, der "Häftlingsanforderung". In solchen Listen wurde der Bedarf der beteiligten Firmen aufgelistet und entsprechend qualifizierte Häftlinge wurden dann an die Firmen vermietet. Die Firmen zahlten der SS ein Entgelt, welches nach der beruflichen Qualifikation und der Arbeitsfähigkeit des einzelnen Häftlings bemessen wurde.
Beim Bau der Stollenanlagen in Ebensee waren mehr als 1000 zivile inländische Arbeitskräfte beschäftigt. Meistens wurden einer deutschen Arbeitskraft zwischen fünf und zehn Häftlinge zugeteilt, gelegentlich auch mehr. Die Häftlinge wurden der Häftlingsanforderung entsprechend zu Arbeitskommandos zusammengefasst und dann einem "Vorarbeiter", unter den Häftlingen eher als "Meister" bezeichnet, zugeteilt. Die Durchführung der vom Meister angeordneten Arbeiten wurde von den Kapos überwacht, dies waren Häftlinge die von der SS als Leiter der Arbeitskommandos bestimmt wurden. Sie waren es, die die Arbeitskommandos zur Arbeit antrieben und dabei vor Gewalt nicht zurückschreckten. Der Kapo übte seine "Hundefunktion" unter der Aufsicht eines zugeteilten SS-Mannes aus, welcher wiederum dem Kommandoführer der Arbeitsgruppe untergeordnet war. Natürlich "bemühte" sich der Kapo bei seiner Arbeit auch ja schnell und tüchtig zu sein, da er durch seinen Job gewisse Begünstigungen erhielt, bessere Verpflegung und Behandlung möchte ich hier nur als Beispiel aufführen.
Das Kommando, dem die Häftlinge zugeteilt wurden, war entscheidend für die Überlebenschancen. Die Mehrzahl der Häftlinge musste unter schlimmsten Bedingungen in den Stollen arbeiten. Diese Arbeit war insofern besonders gefährlich und kräfteraubend, da auf Sicherheitsmaßnahmen nicht viel Wert gelegt wurde. Kräfteraubend waren auch die Arbeiten an diversen Außenstellen der Firmen Hofmann & Maculan, sowie Beton und Monierbau zur Fertigung von Betonfertigteilen für die Auskleidung und Sicherung der Stollen. Als Privileg galten Arbeiten im Lagerinnendienst, die zu den kräfteschonendsten zählten.
Erkrankte oder verletzte Häftlinge wurden in der Regel nur dann medizinisch versorgt, wenn Aussicht auf eine rasche Heilung und Wiederherstellung bestand. Neben dem 1944 errichteten Krankenrevier wurden sogenannte Schonblocks eingerichtet. Ursprünglich sollten sich geschwächte oder kranke Häftlinge einige Tage in den Schonblocks erholen können, doch in den letzten Wochen vor der Befreiung nutzte die Lagerleitung die Schonblocks zur Vernichtung von arbeitsunfähigen Häftlingen. Schien eine kurzfristige Genesung des Häftlings nicht möglich, so wurde er nach Mauthausen, in das Hauptlager, rücktransportiert, oder später einfach gezielt zu Tode behandelt.
Die SS-Verwaltung führte bis zuletzt penibel Buch über die Zahl der Häftlinge, über die Lebenden wie auch die Toten. Die Namen der Toten wurden mit der Häftlingsnummer gesondert in zwei „Lagerbüchern“ registriert. Während der zweijährigen Existenz des Lagers wurden mehr als 27.000 Personen im Lager inhaftiert, über 8.300 Häftlinge starben im Lager selbst, mehr als 1.700 kranke, nicht mehr arbeitsfähige wurden rücktransportiert. Viele starben noch nach der Befreiung am 6. Mai 1945.
Schon die Planung und der Bau eines Krematoriums zeigte, dass die SS mit hohen Todeszahlen rechnete. Bis zur Fertigstellung des Krematoriums im Juli 1944 wurden die Toten zur Einäscherung nach Mauthausen zurücktransportiert.
Der SS-Führungsstab, die Forschungsanstalt Peenemünde, wie auch die Baufirmen hatten großes Interesse an einer möglichst effizienten Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge. Dennoch ergriffen sie keine wirksamen Maßnahmen, den Terror der SS zu verringern und die Versorgung der Häftlinge zu verbessern.
Im Spätsommer 1944 wurde der sogenannte Löwengang angelegt. Er diente dem Zweck, dass der tägliche Hin- und Rückweg der Häftlinge von und zur Anlage A mit möglichst wenig Personal überwacht werden konnte und dass die Bevölkerung möglichst wenig Kontakt mit den Häftlingen hatte. Er verlief am Hang hinter den Häusern und war circa vier Meter breit. Den Namen Löwengang verdankte der Weg dem Umstand, dass die Häftlinge wie die Tiere vom Wachpersonal, das erhöht an der Seite des Weges stand, angetrieben und angeschrieen wurden. Vor allem im Winter stellten die Stufen des Löwengangs eine für manche Häftlinge kaum noch zu bewältigende Hürde dar, wenn sie völlig entkräftet am Ende eines Arbeitstages aus den Stollen ins Lager zurückkehrten.
Ausschlaggebend für die Lebensbedingungen und Überlebenschancen eines Häftlings waren unter anderem seine nationale Herkunft und die Kategorie, in die er eingestuft wurde. Deutsche "politische" und "kriminelle" Häftlinge wurden von der SS generell besser behandelt als Russen oder Polen. Auf der untersten hierarchischen Stufe standen Juden und "Zigeuner" jeglicher Nationalität.
Aufgrund der schlechten Verhältnisse im Lager kam es oft zu Erkrankungen der Häftlinge, die meistens zum Tod führten. Besonders schlimm wurde die Lage, als ab Jänner 1945 Evakuierungstransporte aus den östlich gelegenen Nebenlagern von Mauthausen eintrafen. Das Lager war bald hoffnungslos überfüllt und die Versorgung mit Nahrungsmitteln und sonstigen lebensnotwendigen Gegenständen brach zusammen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, versuchte die Lagerführung die Reihen der Häftlinge zu lichten, meistens durch gezielte Herbeiführung des Todes der jüdischen Häftlinge. Nachrichten über die Erfolge der Alliierten steigerten die Nervosität im Lager und es war sogar geplant, alle verbliebenen Häftlinge in einen abgelegenen Stollen zu treiben und diesen dann zu sprengen. Dieses für den 5. Mai 1945 geplante Vorhaben konnte jedoch dank einer Gruppe von humanen Wehrmachtsangehörigen und eines Aufstands der Häftlinge verhindert werden. Am 6. Mai 1945 wurde das Lager von den Amerikanern befreit. Obwohl rasch Hilfe für die kranken, verwahrlosten und entkräfteten Häftlinge organisiert werden konnte, starben noch mehr als 700 an den Folgen der Haft. Der größte Teil der Wachmannschaften konnte von der US-Militärpolizei aufgegriffen werden. Die meisten erhielten keine oder nur geringe Strafen, der Lagerarzt Dr. Willi Jobst, der SS-Rapportführer Hermann Pribill, SS-Sanitäter Gustav Kreindl und SS-Blockführer Hans Bühner wurden zum Tode verurteilt. Der Lagerkommandant Anton Ganz konnte untertauchen, erst 1972 wurde er von einem bundesdeutschen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt.
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