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Als im Oktober 1943 die Bombenangriffe auf Wiener Neustadt mit dem Raxwerk immer alarmierendere Ausmaße annahmen, begann man fieberhaft nach einem bombensicheren Standort für verschiedene Anlagen der Raketenindustrie zu suchen.
Bierkeller erwiesen sich in dieser Hinsicht als ideal, da sie tief unter der Erde lagen, eigentlich immer einen Gleisanschluss besaßen und praktisch schon chemische Industrie beherbergten. Nach relativ kurzer Suche wurde der Bierkeller in Zipf (40 Kilometer von Linz) als Standort für die V2-Triebwerksprüfstände und die Flüssigsauerstoffproduktion aus Wiener Neustadt ausgewählt.
Das Projekt wurde unter das Kommando von SS-General Hans Kammler gestellt und erhielt den Decknamen "Schlier". Die Planung der Stollenanlage wurde an das Ingenieurbüro Fiebinger vergeben. Schon Mitte Oktober wurde ein eigenes KZ-Außenlager errichtet, um die Bauarbeiten möglichst schnell voranzutreiben.
Folgende Arbeiten wurden durchgeführt:
Zum Bild: Der Trafobunker heute - er beherbergte einen 80 Tonnen schweren Trafo, der die riesigen Mengen an Strom lieferte, die für die Flüssigsauerstoff-Produktion notwendig waren. Die Decke ist drei Meter dick. Er war als Heustadel mit Holzdach und aufgemalten Fenstern getarnt.
Die Arbeiten kamen schnell voran, sodass schon Anfang 1944 der Betrieb aufgenommen werden konnte.
Die Hauptaufgabe dieses sogenannten "Vorwerkes" war es, die einzelnen Triebwerke (= "Öfen") der V2-Raketen zu testen. Dazu wurden die Öfen einem 60 Sekunden dauernden Brenntest unterzogen. Dass diese extrem lauten Vorgänge von der Bevölkerung nicht unbemerkt blieben, ist wohl selbstverständlich.
Während der Tests kam es auch zu einer schweren Explosion, die viele Verletzte und Tote forderte. Obwohl nie wirklich geklärt wurde, was die Explosion verursachte, wurde ein KZ-Häftling wegen angeblicher Sabotage ermordet.
Wegen der nie geklärten Ursache der Explosion wurden schließlich die Triebwerkstests in "Schlier" aus Sicherheitsgründen eingestellt. Es verblieb nur die Herstellung von flüssigem Sauerstoff.
Im späteren Verlauf des Krieges wurde in die Stollenanlage auch ein Teil des "Nibelungenwerkes" verlagert. Erwähnenswert ist auch eine Episode aus den letzten Tagen des Dritten Reiches – das "Kommando Bernhard". Damals wurden KZ-Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen (D) nach "Schlier" gebracht, um dort Pfund- und Dollar-Falschgeldnoten zu drucken. Ziel war es, diese Währungen dadurch zu destabilisieren. Beim Herannahen der US-Streitkräfte wurden die KZ-Häftlinge getötet und die Druckmaschinen und Banknoten im Toplitzsee versenkt.
Zustand heute:
Der Trafobunker ist noch erhalten (siehe Foto). Die Stollen werden zum Teil wieder als Bierkeller verwendet. Die Teststände sind baulich relativ gut erhalten. Die technischen Einrichtungen wurden entfernt.